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Quantensprung mit dem neuen Quantencomputer 22.06.2021

Verantwortlicher Autor: Uwe Hildebrandt Goettingen, 22.06.2021, 18:22 Uhr
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Europas schnellster Quantencomputer, am 15. Juni vorgestellt
Europas schnellster Quantencomputer, am 15. Juni vorgestellt  Bild: Fotocredit: IBM Research

Goettingen [ENA] WOW – Was soll ich sagen, Deutschland ist mit diesem Supercomputer aber mal ganz vorne dabei. Und wer hat den erfunden ? Nein, nicht die Schweizer, die sie aus der Werbung eines anderen Produktes kennen, sondern IBM in Kooperation mit der Fraunhofer Gesellschaft München.

Ich weiß, die offizielle Vorstellung und ein Big Live Event gab es bereits am 15. Juni dieses Jahres, gespickt mit hochkarätigen Gästen wie dem General Manager von IBM Deutschland, Österreich und der Schweiz, Herr Pillen, dem CEO und Chairman IBM Dr. Krishna, dem Präsidenten der Fraunhofer Gesellschaft e.V. Prof. Neugebauer und wer darf da nicht fehlen ? Richtig, unsere Bundeskanzlerin Frau Merkel. Einige weitere Wirtschafts- und Politikgrößen waren ebenfalls dabei, aber irgendwie hatte ich den Eindruck, eine thematisch dazugehörende Person fehlte: Frau Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung.

Hier ging es doch um Digitalisierung, insbesondere der superschnellen Art. Okay, nicht jeder weiß etwas mit diesem Computer anzufangen, auch Frau Merkel hatte zu Beginn des digitalen Zeitalters, wie sie es mal nannte, so ihre Startschwierigkeiten: Ihre beste auf der CeBit vor ca. 6 Jahren gestellte Frage war am Telekom Stand auf der Messe an den damaligen Telekomchef: Was kostet denn 1m Lan – Kabel ? Uupps, großes Gelächter bei den anwesenden Journalisten, kleines Lächeln beim Telekom Chef und der Crew. Naja, jeder fängt halt mal irgendwann an.

Okay, machen wir einen Quantensprung zum neuen Quantencomputer, Europas derzeit schnellster Rechner. Mit schlappen 2 Milliarden Euro nach Deutschland geholt, nun haben wir ihn. Den Quantum System One, der mit 27 Qubits das derzeit leistungsstärkste System in Europa ist. Jetzt fragen sich sicherlich manche Leser, für was wird denn so ein Rechner benötigt ? Ich muß alle Privatkunden enttäuschen: Als Heimcomputer eignet er sich weder aus Platzgründen noch aus Kostengründen, einzig Ihr Stromlieferant hätte Freude daran, wenn sie diesen Rechner betreiben würden. Sie würden ihn aber nicht nur nicht auslasten, sondern eher langweilen, und dann wird er böse.

Deshalb ist dieser Rechner für Analysen hochkomplexer Vorgänge gedacht, wie sie zum Beispiel bei Wirkstoffentwicklungen benötigt werden. Ein Impfstoff könnte so noch schneller anhand des Durchspielens von Modellbeispielen entwickelt werden, das Thema Cybersicherheit ist ein weiteres wichtiges Nutzungsgebiet, im Bereich Materialwissenschaft und Finanzstromoptimierung kommt ein solcher Rechner beispielsweise zum Einsatz. Ein Grund, warum die Bundesregierung den Rechner eventuell nach Deutschland geholt hat, könnte der Grund sein, daß alle verarbeiteten Daten und Ergebnisse dem deutschen Datenschutz unterliegen.

Unser Rechner wird derzeit in Ehningen in der Nähe von Stuttgart betrieben. Mit einem Nutzungsvertrag mit dem Fraunhofer Kompetenznetzwerk Quantencomputing auf Basis eines monatlichen Zugangs kann auch ein kurzzeitiger flexibler benötigter Zugang erprobt und genutzt werden. Damit das Projekt auch in den nächsten Jahren weiter verbessert wird hat das Bundesland Baden-Württemberg eine Unterstützung bis 2024 mit weiteren 40 Millionen Euro zugesagt. Damit soll Baden-Württemberg nicht nur seine von der Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut ins Spiel gebrachte Führung in Sachen Industrie- und Innovation in Europa Bestand behalten, sondern weiter ausgebaut werden.

Das Thema Quantencomputer ist natürlich in der Welt kein neues Thema, bereits seit 2018 hat sich die amerikanische Firma Honeywell intensiv damit beschäftigt und haben gleichzeitig den derzeit weltweit schnellsten Rechner mit dieser Technologie. Zum Vergleich: Während der deutsche Rechner mit 27 supraleitenden Qubits und einem Quantenvolumen von 32 aufwartet, erreichte Honeywells „ erster Rechner „ Systemmodell H0 bereits im Juni 2020 ein Quantenvolumen von 64 mit 6 Qubits, doppelt so viel wie das jetzige 1 Jahr später vorgestellte Modell. Das System Model H1 mit 10 Qubits erreichte im September 2020 ein Quantenvolumen von 128 und war seitdem der schnellste Quantencomputer der Welt.

Der aber dann durch den Rechner 10-Qubit-System Model H1 im März 2021 auf Basis von aufgefangenen Ionen ein Quantenvolumen von 512, das bisher höchste gemessene Ergebnis auf einem kommerziellen Quantencomputer, alles in den Schatten stellte. Das ist schon ein Phänomen, aber man will mehr. Am 8. Juni hat Honeywell bekanntgegeben, das zwei weltweit führende Quantencomputing und Quantentechnologie – Unternehmen, die Honeywell Quantum Solutions und die Cambridge Quantum Computing, zusammengehen und damit das größte fortschrittlichste eigenständige Quantencomputing Unternehmen der Welt bilden. Dieses Superunternehmen will die Quantencomputing – Industrie von 1 Billion US Dollar für die nächsten 30 Jahren in Sachen Geschwindigkeit vorgeben.

Hoffentlich kommen wir da noch mit. Denn ein erster Schritt in Deutschland wäre es, alle Gesundheitsämter und Ministerien an den Supercomputer anzuschließen und mit allen Daten auszustatten, damit jederzeit jeder Zugriff und schnellste Verarbeitung neuer Daten hat. Oder in Bereiche wie das Recht, denn offensichtlich sind die Digitalisierungsmaßnahmen der Justiz irgendwie auch nur am Tropfen. Sämtliche Rechtssprechungen, Urteile, Straffälle in allen Bundesländern, im Austausch und Zugriff mit allen Anwälten, Richtern, Innenministern und Co., da hätte der Rechner anständig zu tun. Aufgaben gibt es in Deutschland genug, Digitalisierung nicht.

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